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Unwirksame Kündigungen der Piloten von Air Berlin

Am 13. Februar 2020 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Kündigungen der Piloten von Air Berlin im Zuge der Insolvenz im August 2017 aus formellen Gründen unwirksam sind (BAG Urteil v. 13.02.2020 – 6 AZR 146/19).

 

Der Grund lag in einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige, die nach § 17 KSchG bei der geplanten Entlassung von einer bestimmten Anzahl an Mitarbeitern, abhängig von der Betriebsgröße, innerhalb von 30 Kalendertagen erforderlich ist. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Umsetzung der Verpflichtung aus Art. 3 der Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie - MERL) durch den Gesetzgeber mit der Einführung des § 17 KSchG.

 

Der Arbeitgeber hat im entschiedenen Fall den Betriebsbegriff verkannt, was der klagende Pilot geltend gemacht hatte.  Die einzelnen sog. Stationen, die Air Berlin unterhielt, mussten jeweils als eigene Betriebe gelten. Dies hatte zur Folge, dass die Massenentlassungsanzeige bei zahlreichen unterschiedlichen Agenturen für Arbeit im Bundesgebiet hätte eingereicht werden müssen, im konkreten Fall in Düsseldorf. Zudem hätte Air Berlin auch das Boden- und Kabinenpersonal mit einbeziehen müssen und die Massenentlassungsanzeige nicht nur auf das Cockpitpersonal beschränken dürfen. Die Anzeige erfolgte jedoch lediglich am Hauptsitz von Air Berlin in Berlin. Dies war als Verstoß gegen § 17 Abs. 3 und 4 KSchG zu bewerten, was die (formelle) Unwirksamkeit der Kündigung zu Folge hatte.

 

Über die Frage, ob auch ein Betriebsübergang vorlag, wie es die klagenden Piloten vorgetragen hatten, musste das Bundesarbeitsgericht nicht entscheiden, da die Kündigung bereits aus den o.g. Gründen unwirksam war. Das BAG hat am gleichen Tag über 7 weitere Parallelverfahren entschieden.

 

Allerdings werden die Piloten keinen wirtschaftlichen Nutzen von dieser Entscheidung haben, da der Insolvenzverwalter bereits angezeigt hat, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt, d.h. die finanziellen Mittel, die noch vorhanden sind, nicht einmal zur Deckung der Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren ausreichen.

 

Dieses Urteil veranschaulicht schön, dass es ratsam ist, sich nach Erhalt einer Kündigung anwaltlichen Rat einzuholen. In vielen Fällen kann bei einem Vorgehen gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht eine Abfindung mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Dies hängt maßgeblich davon ab, worauf sich der Arbeitgeber in seiner Kündigung beruft und ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) überhaupt auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Letzteres ist der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und zudem mehr als 10 Mitarbeiter in Vollzeit im Betrieb beschäftigt werden. Teilzeitkräfte zählen hierbei anteilig.

 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, stehen die Chancen gut, eine Abfindung auszuhandeln. Die Höhe richtet sich hierbei nach der Betriebszugehörigkeit und dem aktuellen Bruttoverdienst. Zudem wird das Prozessrisiko bei der Festlegung des Faktors berücksichtigt. Ist dieses ausgewogen, kann man von der „Regelabfindung“ (halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit) ausgehen.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der wirtschaftliche Nutzen für den Mandanten, da es im Arbeitsrecht im Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit keine Kostenerstattung gibt (§12a ArbGG). Gerade bei nur kurz bestehenden Arbeitsverhältnissen kann der Fall eintreten, dass aus wirtschaftlichen Gründen von der Einschaltung eines Anwalts abzuraten ist. Daher empfiehlt sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung mit beruflichem Rechtsschutz.

 

Wichtig zu wissen: Falls Sie eine Kündigung erhalten sollten oder erhalten haben, können Sie nur innerhalb von drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Sollte diese Frist ablaufen, gilt die Kündigung als wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum darin angegebenen Zeitpunkt.

 

 

Für Arbeitgeber gilt, dass personelle Maßnahmen, insbesondere Kündigungen, stets gut vorbereitet werden sollten, da bereits aus formeller Sicht viele Fallstricke lauern. Auch die Prüfung, ob eine Kündigung überhaupt möglich ist, sollte immer vorab geprüft werden. Holen Sie sich anwaltlichen Rat bevor Sie die Maßnahme umsetzen und nicht erst, „wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“.

 

 

Für alle Fragen rund um das Thema Kündigung und Abfindung stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

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